Das Muttermilch - Mikrobiom: Ein verborgenes Wunder aus dem mütterlichen Organismus und das größte Geschenk für Babys Gesundheit

Muttermilch ist weit mehr als nur Nahrung für dein Baby. Sie stellt ein hochkomplexes und biodynamisches Ökosystem dar, welches von zahlreichen Mikroorganismen und weiteren wertvollen Substanzen durchtränkt ist. All diese bilden das sogenannte „Milch-Mikrobiom“ und spielen eine entscheidende Rolle für die lebenslange Gesundheit deines Babys - insbesondere für die Entwicklung des Darms sowie des Immunsystems. In diesem Artikel möchte ich dich in die wunderbare Welt des Muttermilch-Mikrobioms mitnehmen und dir zeigen, welchen unschätzbaren Wert deine Muttermilch hat.

Auf den Spuren des Verborgenen: Die Entstehung des Milchmikrobioms

Das Milchmikrobiom entsteht durch eine faszinierende und komplexe Interaktion zwischen verschiedenen biologischen Prozessen. Die Bakterien gelangen hauptsächlich über zwei Wege in die Muttermilch: von der Haut der Mutter und durch den enteromammären Weg. Beim enteromammären Weg werden Bakterien aus dem Darm der Mutter über das Blut- und Lymphsystem in die Brustdrüsen transportiert (Rodríguez, 2015). Spezifische Immunzellen  nehmen die Bakterien im Darm auf und transportieren sie über das lymphatische System zur Brustdrüse, wo sie in die Milch abgegeben werden. Dieser Prozess stellt sicher, dass die Muttermilch eine reichhaltige und vielfältige Mikrobenpopulation enthält, die spezifisch auf die Bedürfnisse deines Babys abgestimmt ist.

Pränatale Milchproduktion und mikrobiologisches Profil von Kolostrum

Bereits während der Schwangerschaft beginnt dein Körper mit der Vorbereitung auf die Milchproduktion. Die Brüste verändern sich, um Milch zu produzieren und zu speichern. Hormonelle Veränderungen, insbesondere die Erhöhung von Östrogen, Progesteron und Prolaktin, spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Brustdrüsen. Das Kolostrum, die erste Milch, die um die Geburt herum produziert wird, ist besonders reich an Proteinen, Vitaminen und Antikörpern, die für den Schutz und die Entwicklung deines Neugeborenen entscheidend sind.

Kolostrum enthält ein spezifisches mikrobiologisches Profil, das besonders reich an Lactobacillus und Bifidobacterium ist. Diese Bakterien bereiten den Darm deines Babys auf die Aufnahme und Verdauung von reifer Muttermilch vor und unterstützen die Entwicklung einer gesunden Darmflora (Martín et al., 2003).

Nach den ersten Tagen beginnt dein Körper, reife Muttermilch zu produzieren. Diese Milch enthält eine perfekte Mischung aus Nährstoffen, Enzymen, Hormonen und lebenden Zellen, die sich ständig an die Bedürfnisse deines Babys anpasst. Selbst nach dem ersten Geburtstag bleibt deine Muttermilch eine wertvolle Nahrungsquelle, die weiterhin wichtige Nährstoffe und Immunfaktoren liefert.


Die Rolle von Lactobacillus und Bifidobacterium

Lactobacillus und Bifidobacterium sind zwei der wichtigsten Bakterienstämme in der Muttermilch. Sie sind bekannt für ihre probiotischen Eigenschaften, die dazu beitragen, eine gesunde Darmflora aufzubauen. Lactobacillus hilft dabei, Milchsäure zu produzieren, die den pH-Wert des Darms senkt und somit das Wachstum schädlicher Bakterien hemmt. Bifidobacterium hingegen ist entscheidend für die Fermentation von Ballaststoffen und die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren, die als Energiequelle für die Zellen des Darms dienen (Kendall-Tackett, 2015).



Humanmilch-Oligosaccharide (HMOs)

Ein besonders bemerkenswerter Bestandteil der Muttermilch sind die Humanmilch-Oligosaccharide (HMOs). Diese komplexen Zuckerarten sind für dein Baby unverdaulich und dienen als Nahrung für die guten Bakterien im Darm. HMOs fördern das nachhaltige Wachstum und die Aktivität des Mikrobioms. Sie spielen eine zentrale Rolle dabei, die Besiedlung des Darms mit nützlichen Bakterien zu unterstützen und schädliche Erreger abzuwehren. Laut Bode (2012) sind HMOs ein Schlüsselelement, das die Besiedlung des Darms mit nützlichen Bakterien fördert und gleichzeitig pathogene Mikroorganismen verdrängt.


Immunologische Vorteile des Milchmikrobioms

Muttermilch ist reich an immunologischen Bestandteilen, die das Abwehrsystem deines Babys stärken. Besonders wertvoll sind die enthaltenen Immunglobuline, die deinem Baby zu Beginn seines Lebens einen wichtigen Nestschutz bieten. Diese Antikörper helfen deinem Baby, Infektionen und Erreger effektiv zu bekämpfen. Das Milchmikrobiom trägt durch die Interaktion mit diesen Antikörpern zur Bildung eines starken Immunsystems bei. Die Bakterien in der Muttermilch können bestimmte Immunzellen aktivieren, die dann Antikörper produzieren, die direkt gegen Krankheitserreger wirken (Hassiotou et al., 2013).

Interaktion mit Antikörpern, Hormonen und Stammzellen

Das Milchmikrobiom interagiert auf vielfältige Weise mit anderen Bestandteilen der Muttermilch. Antikörper in der Milch schützen dein Baby vor Infektionen, während die nützlichen Bakterien gleichzeitig die Entwicklung eines gesunden Immunsystems unterstützen. Hormone in der Muttermilch, wie Oxytocin und Prolaktin, regulieren die physiologischen Prozesse deines Babys, einschließlich Schlaf, Appetit und Stressbewältigung. Diese Hormone fördern auch das Wachstum und die Differenzierung der Zellen des Babys, einschließlich der Entwicklung des Nervensystems.

Stammzellen in der Muttermilch haben das Potential, sich in verschiedene Zelltypen zu entwickeln und können theoretisch zur Reparatur und Erneuerung von Geweben im Körper deines Babys beitragen (Twigger et al., 2013). Die Wechselwirkungen zwischen den Mikroorganismen, den Antikörpern, den Hormonen und den Stammzellen in der Muttermilch sind komplex und synergetisch, was bedeutet, dass sie zusammenarbeiten, um die Gesundheit und Entwicklung deines Babys optimal zu unterstützen.


Frühkindliche Darm-Hirn-Achse und kognitive Entwicklung deines Babys

Eine faszinierende Dimension der Muttermilch ist ihre Rolle in der sog. Darm-Hirn-Achse. Das Mikrobiom deines Babys beeinflusst nämlich nicht nur die Gesundheit des Darms, sondern auch die Entwicklung und Funktion seines Gehirns. Die Bakterien im Darm produzieren u.a. wertvolle Fettsäuren, Neurotransmitter und andere wichtige Moleküle, die Signale an das kindliche Gehirn senden und somit die neurologische Entwicklung, Wahrnehmung und das Verhalten beeinflussen (Cryan & Dinan, 2012). Dies bedeutet, dass das Stillen sowohl erheblich zur kognitiven Entwicklung beiträgt und auch die Stoffwechselaktivität von Babys Gehirn optimal unterstützt.

Muttermilch wird überdies auch anders verdaut als künstliche Ersatznahrung, was zu häufigeren und kleineren Mahlzeiten führt. Diese gewährleisten eine kontinuierliche Versorgung mit Nährstoffen und Glucose, die besonders wichtig für die Gehirnentwicklung ist. Stillkinder trinken daher oft auch nachts häufiger, was ihnen eine bessere 24-Stunden-Versorgung mit essentiellen Nährstoffen sichert und somit die neurobiologische Entwicklung gerade in den ersten Lebenswochen und -monaten bestmöglich fördert.



Künstliche Säuglingsnahrung: Eine lebensrettende Hilfe für Notfälle

Obwohl künstliche Säuglingsnahrung in Notfällen lebensrettend sein kann, sollte sie niemals als gleichwertige Alternative zur Muttermilch betrachtet werden. Sie ist ein ultra-hochverarbeitetes Industrieprodukt, das trotz zahlreicher Werbeversprechen nicht ansatzweise mit den Vorteilen von Muttermilch konkurrieren kann. Denn diese enthält einzigartige und hochgradig bioaktive Komponenten, die in künstlicher Nahrung bis zum heutigen Tag nicht reproduziert werden können. Es ist einfach Fakt: Künstliche Säuglingsnahrung bietet trotz zahlreicher Zusätze nicht die gleichen immunologischen, hormonellen und mikrobiellen Vorteile wie Muttermilch (Victora et al., 2016).

Die oftmals aggressive Werbung und geschönte Darstellung der Industrie kann verunsicherte Mütter gerade in anstrengenden Phasen der Stillzeit irreführen, aber die wissenschaftlichen Beweise zeigen dennoch eindeutig, dass Muttermilch die erste und beste Wahl für die Gesundheit und Entwicklung deines Babys sein sollte, wenn es keine medizinischen Gründe gibt, die in deinem Fall gegen das Stillen sprechen.



Schlusswort: Vertraue in die Schöpferkraft deines weiblichen Organismus

Dein Körper ist in der Lage, auf wundersame Weise genau die richtige Nahrung für dein Baby zu produzieren. Das Muttermilch-Mikrobiom ist ein lebendiges Elixier, das weit über die reine Ernährung hinausgeht. Es ist Schutz, Heilung und Geborgenheit in einem. Indem du dein Baby stillst, gibst du ihm nicht nur die besten Startbedingungen für ein gesundes Leben, sondern stärkst auch die emotionale Bindung und das Vertrauen in die Kraft deines weiblichen Körpers. Du hast alles in dir, was dein Baby braucht. Vertraue auf die Natur und die erstaunlichen Fähigkeiten deines Körpers.

Quellen & Literaturhinweise

  1. Bode, L. (2012). Human milk oligosaccharides: every baby needs a sugar mama. Glycobiology, 22(9), 1147-1162. doi:10.1093/glycob/cws074

  2. Cryan, J. F., & Dinan, T. G. (2012). Mind-altering microorganisms: the impact of the gut microbiota on brain and behaviour. Nature Reviews Neuroscience, 13(10), 701-712. doi:10.1038/nrn3346

  3. Duijts, L., Jaddoe, V. W. V., Hofman, A., & Moll, H. A. (2010). Prolonged and exclusive breastfeeding reduces the risk of infectious diseases in infancy. Pediatrics, 126(1), e18-e25. doi:10.1542/peds.2008-3256

  4. Hassiotou, F., Hepworth, A. R., Metzger, P., Lai, C. T., Trengove, N., Hartmann, P. E., & Filgueira, L. (2013). Maternal and infant infections stimulate a rapid leukocyte response in breastmilk. Clinical & Translational Immunology, 2(4), e3. doi:10.1038/cti.2013.1

  5. Kendall-Tackett, K. (2015). Lactation and the Immune System. Springer. ISBN: 978-1-4939-2901-6

  6. Martín, R., Langa, S., Reviriego, C., Jiménez, E., Marín, M. L., Xaus, J., Fernández, L., & Rodríguez, J. M. (2003). The commensal microflora of human milk: new perspectives for food bacteriotherapy and probiotics. Trends in Food Science & Technology, 14(11), 534-539. doi:10.1016/j.tifs.2003.09.002

  7. Penders, J., Thijs, C., Vink, C., Stelma, F. F., Snijders, B., Kummeling, I., van den Brandt, P. A., & Stobberingh, E. E. (2006). Factors influencing the composition of the intestinal microbiota in early infancy. Pediatrics, 118(2), 511-521. doi:10.1542/peds.2005-2824

  8. Rodríguez, J. M. (2015). The origin of human milk bacteria: is there a bacterial entero-mammary pathway during late pregnancy and lactation? Advances in Nutrition, 6(6), 757-764. doi:10.3945/an.115.009365

  9. Twigger, A. J., Hodgetts, S., Filgueira, L., Hartmann, P. E., & Hassiotou, F. (2013). From breast milk to brains: the potential of stem cells in human milk. Journal of Human Lactation, 29(2), 136-139. doi:10.1177/0890334413475528

  10. Victora, C. G., Bahl, R., Barros, A. J. D., França, G. V. A., Horton, S., Krasevec, J., Murch, S., Sankar, M. J., Walker, N., & Rollins, N. C. (2016). Breastfeeding in the 21st century: epidemiology, mechanisms, and lifelong effect. The Lancet, 387(10017), 475-490. doi:10.1016/S0140-6736(15)01024-7

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Die Bedeutung der Nabelschnur aus ganzheitlicher Sicht - und warum sie unbedingt auspulsieren sollte

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