Faszinierende Veränderungen: Der Magen-Darm-Trakt während Schwangerschaft und Geburt

Die Schwangerschaft ist für den weiblichen Körper eine Phase intensiver körperlicher Veränderungen, die weit über das sichtbare Wachstum des Bauchs hinausgehen. In unserer Wahrnehmung liegt der Fokus auf dem heranwachsenden Baby und der Gebärmutter. Vergessen wird beim “Babybauch” oftmals der Magen - Darm - Trakt. Er leistet dabei mindestens ebenso Faszinierendes, wird stark eingeschränkt, zur Seite geschoben und beansprucht; und verdient deshalb auch deine besondere Aufmerksamkeit. In diesem Artikel wollen wir einen detaillierten Blick auf die unglaubliche Reise deines Darms während der Schwangerschaft und Geburt werfen. Du wirst fasziniert sein von den wenig bekannten, aber wichtigen Details über dieses weitere Wunderwerk deines Körpers.

Die unglaubliche Reise deiner inneren Organe

Während der Schwangerschaft wächst deine Gebärmutter von der Größe einer kleinen Birne (etwa 50-70 Gramm) zu einer beeindruckenden Größe heran, die am Ende bis zu einem Kilogramm wiegen und die Dimensionen einer großen Wassermelone erreichen kann. Dieses Wachstum braucht Platz und führt dazu, dass deine inneren Organe, insbesondere der Magen-Darm-Trakt, stark verdrängt und komprimiert werden.

Veränderungen im Magen-Darm-Trakt

  • Verlagerung und Kompression der Organe: Die wachsende Gebärmutter drückt den Magen nach oben und zur Seite. Der Dünndarm und der Dickdarm werden zusammengedrängt und nach oben und hinten verschoben. Diese Verlagerung bedeutet, dass der gesamte Magen-Darm-Trakt weniger Platz hat, um seine Aufgaben effektiv zu erfüllen.

  • Verlangsamte Verdauung: Der Druck auf den Magen-Darm-Trakt verlangsamt die Bewegung der Nahrung durch den Darm. Hormone wie Progesteron entspannen zusätzlich die glatte Muskulatur, was die Darmbewegungen weiter verlangsamt. Dies kann zu Verstopfung führen, ein häufiges Problem während der Schwangerschaft.

  • Sodbrennen und Reflux: Da der Magen nach oben gedrückt wird, erhöht sich der Druck auf den unteren Ösophagussphinkter (der Muskel, der den Magen von der Speiseröhre trennt). Dies führt dazu, dass Magensäure leichter in die Speiseröhre zurückfließen kann, was Sodbrennen und Reflux verursacht. Diese Beschwerden werden oft durch die zunehmende Größe der Gebärmutter und das Wachstum des Babys verstärkt.

  • Blähungen und Bauchschmerzen: Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit des Darms und die veränderte Position der Organe können zu vermehrter Gasbildung und Unwohlsein führen. Dies liegt daran, dass die Nahrung langsamer durch den Darm bewegt wird und die Gasansammlung weniger leicht entweichen kann.

  • Hämorrhoiden: Der erhöhte Druck im Bauchraum und die Verstopfung können zu Hämorrhoiden führen. Dies sind geschwollene Venen im Bereich des Anus, die Schmerzen und Beschwerden verursachen können.

Das Mikrobiom während der Schwangerschaft

  • Veränderung der Darmflora: Die Zusammensetzung des Mikrobioms verändert sich im Verlauf der Schwangerschaft. Studien zeigen, dass im dritten Trimester die Diversität der Bakterien abnimmt und es zu einer Zunahme bestimmter Bakterienstämme kommt, die mit Entzündungen und Stoffwechselprozessen in Verbindung stehen. Diese Anpassungen unterstützen die Energieversorgung der Mutter und des wachsenden Babys.

  • Einfluss der Gestationshormone: Hormone wie Progesteron und Östrogen beeinflussen das Mikrobiom direkt. Progesteron wirkt entspannend auf die glatte Muskulatur des Darms und verändert die Peristaltik, was die Zusammensetzung und Aktivität des Mikrobioms beeinflusst. Östrogen kann ebenfalls die Darmflora beeinflussen, indem es das Immunsystem moduliert und entzündliche Prozesse im Darm beeinflusst.

  • Reduziertes Immunsystem: Während der Schwangerschaft wird das Immunsystem der Mutter absichtlich herunterreguliert, um das heranwachsende Baby nicht als fremdes Gewebe anzugreifen. Diese Immunsuppression kann das Mikrobiom verändern und die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen. Ein ausgewogenes Mikrobiom kann helfen, das Immunsystem zu unterstützen und Infektionen zu verhindern.

  • Gut-Brain Axis: Die gut-brain axis beschreibt die bidirektionale Kommunikation zwischen deinem Darm und deinem Gehirn. Veränderungen im Mikrobiom können sich auf deine Stimmung und dein allgemeines Wohlbefinden auswirken. Stress und hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft können ebenfalls Einfluss auf diese Verbindung haben.

Der Darm während der Geburt & Wochenbett

Viele Frauen sorgen sich um eine ungewollte Defäkation während der Geburt. Während der Wehen erhöht sich der Druck auf den Darm erheblich. Die Kontraktionen der Gebärmutter und der Druck des Babys, das durch den Geburtskanal geschoben wird, können tatsächlich dazu führen, dass etwas verbliebener Darminhalt nach unten gedrückt wird. Dies ist eine völlig natürliche Reaktion und kann zu ungewollter Defäkation während der Geburt führen. Es ist wichtig zu wissen, dass das ausgebildete Geburtshelfer auf solche Situationen vorbereitet sind und dies als normalen Bestandteil des Geburtsprozesses ansehen - sie werden dich dezent und bestmöglich auch in dieser Situation begleiten. 

Unmittelbar nach der Geburt beginnt der Körper, sich zu regenerieren und die Organe kehren langsam an ihren ursprünglichen Platz zurück. Dies gilt auch für den Magen-Darm-Trakt, der sich wieder ausdehnt und seine Funktion normalisiert. Über Wehenschmerzen oder Stillschwierigkeiten hören die meisten werdenden Mütter viele Geschichten, aber über den ersten Stuhlgang nach der Geburt wird kaum gesprochen. Es ist jedoch gut und wichtig, darauf vorbereitet zu sein, dass der Stuhlgang direkt nach der Geburt manchmal unangenehm und schwierig sein kann. Aus diesem Grund findest du hierzu einen eigenen Artikel.

Ganzheitliche und naturheilkundliche Ansätze

Ernährung:

  • Eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten kann die Darmbewegungen unterstützen und Verstopfung lindern.

  • Fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir und Sauerkraut fördern eine gesunde Darmflora.

  • Vermeide stark verarbeitete Lebensmittel und Zucker, die das Mikrobiom negativ beeinflussen können.

Hydration:

  • Ausreichendes Trinken ist entscheidend, um den Stuhl weich zu halten und die Verdauung zu unterstützen. Achte darauf, täglich genügend Wasser zu trinken.

Bewegung:

  • Regelmäßige moderate Bewegung, wie Spaziergänge, kann die Darmbewegungen anregen und Blähungen reduzieren.

  • Yoga und spezielle Schwangerschaftsgymnastik können ebenfalls hilfreich sein, um die Verdauung zu fördern und den Körper zu entspannen.

Naturheilkundliche Mittel:

  • Kräuter wie Fenchel, Ingwer und Pfefferminze können Blähungen und Magenbeschwerden lindern.

  • Magnesiumpräparate können bei Verstopfung helfen und die Muskelentspannung fördern.

  • Probiotika können das Mikrobiom unterstützen und das Immunsystem stärken.

Akupunktur:

  • Akupunktur kann helfen, das Verdauungssystem zu regulieren und Beschwerden wie Übelkeit, Sodbrennen und Verstopfung zu lindern. Sie kann auch zur Entspannung beitragen und den Stressabbau unterstützen .

Individuelle Heilkräuter-Rezepturen & mikrobiologische Therapie:

  • Traditionelle Heilkräuter wie Kamille, Anis und Kümmel können in Tees oder Tinkturen verwendet werden, um die Verdauung zu fördern und Blähungen zu lindern.

  • spezialisierte Therapeuten können dir individuelle Kräutermischungen zusammenstellen, die auf deine spezifischen Bedürfnisse während der Schwangerschaft und im Wochenbett abgestimmt sind.

  • wenn du anhaltende Verdauungsbeschwerden hast, erwäge eine individuelle Analyse deines Darms und eine auf dich abgestimmte probiotische Therapie; gerade nach Antibiose vor bzw. unter der Geburt ist das ausgesprochen sinnvoll.

Fazit: Die beeindruckende Leistung deines Körpers

Es ist bemerkenswert, welche gigantische Leistung dein Körper während der Schwangerschaft und nach der Geburt erbringt. Die Gebärmutter dehnt sich von der Größe einer kleinen Birne auf die einer großen Wassermelone aus, was eine enorme Anpassungsfähigkeit der umliegenden Organe erfordert. Diese Fähigkeit zur Anpassung und Regeneration ist ein wahres Wunder der Natur.

Du kannst dir dies vorstellen, indem du dir bewusst machst, wie dein Körper in der Lage ist, Leben zu schaffen und zu erhalten, während er sich gleichzeitig selbst schützt und regeneriert. Die Fähigkeit deines Körpers, nach der Geburt zu seiner normalen Funktion zurückzukehren, ist ebenso beeindruckend und verdient höchste Anerkennung und Pflege.

Die Veränderungen im Magen-Darm-Trakt während der Schwangerschaft und nach der Geburt sind tiefgreifend und beeindruckend. Dein Körper vollbringt in dieser Zeit wahre Wunder, und es ist wichtig, diesen Prozessen Aufmerksamkeit und Pflege zu schenken. Mit einer ganzheitlichen und naturheilkundlichen Herangehensweise kannst du viele der Beschwerden lindern und deinen Körper unterstützen, damit du diese besondere Zeit bestmöglich genießen kannst

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Quellenverzeichnis

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